Die Sonne
Unsere Sonne ist nur einer von vielleicht 100 Milliarden Sternen des Sternsystems der Milchstraße. Im Weltall ist sie ganz unbedeutend; für die Astronomen ist sie ein gelber Zwergstern der Spektralklasse G. In unserem Planeten- oder »Sonnen«-System spielt sie jedoch die beherrschende Rolle.
Die Sonne könnte bei einem Durchmesser von 1.392.000 km mehr als eine Million Erdkörper aufnehmen, ihre Masse macht mit knapp
2 * 10³³ g (eine 2 mit 33 Nullen) indes nur das 333.000fache der Erdmasse aus. Ihre mittlere Dichte ist mit dem
l,409fachen der Dichte des Wassers ziemlich gering, nimmt allerdings nach innen stark zu. Hauptbestandteile sind Wasserstoff
und Helium.
Ungefähr 225 Millionen Jahre benötigt die Sonne für einen Umlauf um das etwa 26.700 Lichtjahre entfernte Zentrum der Milchstraße.
Ihre Achsenrotation hat am äquator eine Periode von 25,4 Tagen und wird zu den Polen hin langsamer.
Die Photosphäre
Die helle Oberfläche der Sonne, deren Licht wir sehen, heißt (nach dem griechischen Wort für Licht) Photosphäre und ist 5500 ° C heiß. Als dunkle Stellen kann man darauf Sonnenflecken feststellen. Diese erscheinen nur durch den Kontrast so schwarz; in Wirklichkeit ist auch ihre Rächenhelligkeit recht beachtlich.
Ein direkter Blick auf die Sonne durch Feldstecher oder Fernrohr würde zur Erblindung infolge Verbrennens der Netzhaut führen.
Wenn man keine sehr starken Filtergläser verwenden will, ist es am besten, das Sonnenbild auf einen am Okular befestigten Schirm
zu projizieren. Bei einigem Geschick kann man schon mit einem Feldstecher durch Projektion auf ein Blatt Papier ein Sonnenbild
erzielen, das die vorhandenen Flecken erkennen läßt.
Die Sonnenoberfläche ist reich an Einzelheiten. Sie wirkt bei starker Vergrößerung körnig infolge der Granulation (»Körnung«),
die durch aufsteigende Gasballen mit absinkenden, kühleren und daher dunkleren Rändern zustande kommt. Ein typischer großer
Sonnenfleck besteht aus einem dunkleren Zentralteil, der Umbra (lat.: Schatten), umgeben von der helleren Penumbra (Halbschatten).
Flekken haben oft unregelmäßige Gestalt und treten vorzugsweise in Gruppen und paarweise auf, wobei ein Fleck im Sinne der
Rotation vorangeht und der andere folgt [3|. Auch sehr ausgedehnte und komplizierte Fleckengruppen bestehen nicht lange. Einige
Monate »Lebensdauer« sind schon selten, kleine Flecken erscheinen manchmal nur für Stunden. Sehr schön kann man an den Flecken die
Rotation der Sonne verfolgen, wenn sie von Tag zu Tag über die Scheibe wandern. Eine volle Uberquerung dauert etwa zwei Wochen.
Wenn der Fleck langlebig ist, kann er nach vierzehn Tagen wieder am Ostrand der Sonne auftauchen.
3 Sonnenfleckenbeobachtungen ließen am 11. Februar 1947 [A] noch nicht erkennen, welcher Fleck vorangehend war und welcher folgte. Die magnetische Polung war aber deutlich. Vom 9 März [B] bis zum 7. April [C] wurden Führer [1] und Folger [2] klar erkennbar. Die südpolare Gruppe ging voran. Am 5. Mai [D] hatte die Aktivität stark nachgelassen. Man beachte auch die km-Skala.
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Der Aktivitätszyklus
Das am längsten bekannte und augenfälligste Merkmal der Sonnenaktivität, das sich in Intensitätsänderungen und Verlagerungen
mancher Strahlungserscheinungen äußert, sind die Sonnenflecken. Ihre Häufigkeit erreicht ungefähr alle 11 Jahre ein Maximum.
So sind 1957/58 und 1969/70 viele große Fleckengruppen aufgetreten. Im Aktivitätsminimum kann es aber auch vorkommen,
daß tagelang überhaupt keine Flecken zu sehen sind.
Zu den Flecken gehören stets mächtige Magnetfelder. Diese können infolge des physikalischen Zeeman-Effekts (Aufspaltung von
Spektrallinien im Magnetfeld) gemessen werden. Nach Harold Babcock (1882-1968) kann man annehmen, daß magnetische Kraftlinien
im Innern der Sonne von Pol zu Pol laufen. Wegen der differentiellen Rotation - in höheren Breiten langsamer als am Äquator -
werden sie im Lauf einiger Jahre verzerrt, d. h. am Äquator langgezogen, in der Polgegend aber verdichtet und instabil.
Schließlich bricht eine Kraftlinienschleife durch die Oberfläche nach außen und erzeugt zwei Flecken gegensätzlicher Polung.
Da in den beiden Hemisphären der Sonne die vorangehenden und nachfolgenden Flecken eines Paares stets umgekehrt gepolt sind,
nach etwa 11 Jahren die Sonne aber wieder zur Ruhe kommt, ergibt sich im folgenden Zyklus eine Umkehrung der Polungen hinsichtlich
der Hemisphären. Wenn erst im Norden ein Nordpolfleck voranging und ein Südpolfleck folgte, ist es dann erst ein Südpolfleck,
mit einem Nordpolfleck im Gefolge. Man müßte also eigentlich von einem 22- oder 23jährigen Zyklus sprechen.
Für die Sonnenforschung ist der Einsatz spektroskopischer Geräte unentbehrlich, zudem wird er von der Lichtfülle des Objekts
sehr begünstigt. Man kann z.B. mit Hilfe eines Spektrohelioskops die Sonne im Licht einer bestimmten Spektrallinie beobachten
und damit sogar Bilder aus verschiedenen Schichten ihrer Atmosphäre gewinnen. Auf- und absteigende Bewegungen machen sich durch
Verschiebung der Linien infolge des Doppier-Effekts bemerkbar. Vom Zeeman-Effekt der Magnetfelder war schon die Rede.
Spektralanalyse der Sonne
Gasförmige Elemente in den höheren Schichten der Sonnenatmosphäre erzeugen im kontinuierlichen Spektrum der darunterliegenden
Photosphäre dunkle Linien, die nach ihrem Erforscher Fraunhofer-Linien genannt werden. Jede Linie ist einem bestimmten Element
zuzuordnen; man hat so schon über 60 Elemente auf der Sonne nachgewiesen. Das nach der Sonne (griech.: Helios) benannte Edelgas
Helium wurde sogar zuerst auf der Sonne und später erst als auch auf der Erde vorhanden nachgewiesen.
Gewöhnliche Fernrohre zeigen nur die helle Oberfläche oder Photosphäre der Sonne und Eigentümlichkeiten wie die Flecken, die
Granulation und die Fackeln (zeitweilig auftretende helle Gebiete), die über der eigentlichen Photosphäre liegen. Um die
Atmosphäre der Sonne zu studieren, sind kompliziertere Verfahren nötig, weil man die Umgebung der Sonne mit bloßem Auge oder
normalen Teleskopen nur bei den seltenen Gelegenheiten sehen kann, wenn eine totale Sonnenfinsternis eintritt.
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Protuberanzen und Eruptionen
Der unmittelbar über der Sonnenphotosphäre gelegene Teil der Atmosphäre heißt Chromosphäre, weil er eine charakteristische
(rötliche) Farbe hat. Hier gibt es auch die großen, hellen Protuberanzen. Zu ihrer Beobachtung dienen Instrumente nach dem
Prinzip des Spektroskops. Man kennt zwei Hauptarten von Protuberanzen: eruptive und ruhende. Die eruptiven
sind in heftiger Bewegung, und es wurde schon beobachtet, daß sie mehr als 500.000 km Höhe über der Sonnenoberfläche erreichen.
Ruhende Protuberanzen sind beständiger und können tagelang in der Chromosphäre schweben, ehe sie zerfallen. Am häufigsten kommen
beide vor, wenn sich die Sonnenaktivität ihrem Höhepunkt nähert.
Oft hängen Protuberanzen mit großen Reckengruppen zusammen. Aktive Gruppen erzeugen auch Eruptionen, kurzlebige Ausbrüche von
Partikelstrahlung und Radiokurzwellen. Dadurch treten auf der Erde heftige Wirkungen auf, besonders magnetische Gewitter und
Störungen, die den Funkverkehr und das Verhalten der Kompaßnadeln beeinflussen. Außerdem erzeugen sie die schönen Polarlichter. Ferner sendet die Sonne einen ständigen Strom von Teilchen geringer Energie nach allen Richtungen aus, für den sich der
Name »Sonnenwind« eingebürgert hat. Dieser hat starken Einfluß auf die Kometenschweife, deren gasförmige Bestandteile elektrisch
besonders empfindlich sind.
Außer Licht und geladenen Gasteilchen gehen von der Sonne infrarote und ultraviolette Strahlung sowie Radiowellen, Röntgen- und
Gammastrahlen aus. Ihre Untersuchung von der Erde her ist wegen der abschirmenden Wirkung der Lufthülle schwierig, aber durch
Höhenraketen, künstliche Erdsatelliten und das Skylab-Unternehmen wurden große Fortschritte erzielt. Glücklicherweise war die
Sonne gerade ziemlich aktiv [5, 6], als sich das amerikanische Weltraumlaboratorium im Einsatz befand, da viele der Experimente
durch Bodenbeobachtungen nicht ersetzt werden konnten.
1 Die äußeren Schichten der Sonne befördern die durch Atomkernver- schmelzungen in ihrem tiefen Inneren [1] (hier nicht maßstäblich), erzeugte Energie in den Weltraum. Auf eine unruhige Konvektionszone [2] folgt die dünne Photosphäre [3], die als Quelle des Sonnenlichts die "Oberfläche" bildet. Darin sind Flecken [4], mit denen die in die Chromosphäre aufragenden Eruptionsgebiete [5] und Protuberanzen in Beziehung stehen. Eigenartigerweise nimmt die Temperatur der Chromosphäre [6] nach außen von etwa 6.000° auf über 50.000° C zu. In der Chromosphäre gibt es zahllose wie spitze Flämmchen aufragende »Nadeln« [7], die sie einer brennenden Prärie ähneln lassen und durch heiße, aus der Konvektionszone emporschießende Gasmassen entstehen. Die Korona, ein Bereich relativ stark verdünnter, aber äußerst heißer Gase, unterliegt starken Veränderungen. Mit bänderartigen Ausläufern greift er weit in den Raum hinaus [8, 9].
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Das Kraftwerk Sonne
Wenn es über die Sonne auch noch manche unbewiesene Theorie gibt, sind sich die Astronomen über ihren inneren Aufbau doch
ziemlich einig. Die Temperatur nimmt zum Kern hin zu und erreicht im Mittelpunkt ungefähr 10 Millionen Grad. Tief im Innern
befindet sich gewissermaßen das Kraftwerk, in dem die nach außen dringende Energie erzeugt wird.
Es wäre falsch anzunehmen, daß die Sonne ähnlich wie ein Feuer brennt. Auch wenn sie ganz aus Kohle bestünde, würde sie bei
ihrer derzeitigen Strahlungskraft nicht lange leuchten können. Dabei muß sie wohl mindestens 5 Milliarden Jahre alt sein,
denn sicher ist sie älter als die rund 4,6 Milliarden Jahre zählende Erde. Die Sonne bezieht ihre Energie aus Umwandlungen
von Atomkernen. In der Nähe des Zentrums, wo extreme Druck- und Temperaturbedingungen herrschen, wird aus dem Wasserstoff,
der die Hauptmasse der Sonnenmaterie ausmacht, das zweitleichteste Element, Helium, gebildet. Dabei geht ein kleiner Teil
der Wasserstoffmasse in Energie über. Einen solchen Kernfusions-(Kernverschmelzungs-) Prozeß im irdischen Laboratorium zu
beherrschen, ist das Ziel vieler Physiker, da es die Menschheit von allen Energiesorgen befreien würde. Bei der Sonne beträgt
der Massenverlust für die Energieproduktion immerhin 4 Millionen t pro Sekunde. Trotzdem könnte sie noch mindestens weitere
5 Milliarden Jahre in der jetzigen Stärke weiterstrahlen - so groß ist ihre Masse.
Wenn der Wasserstoff schließlich doch verbraucht sein wird, wird die Sonne ihren Aufbau drastisch ändern. Nach vorherrschender
Meinung müßte sie durch das Stadium eines Roten Riesen laufen, wobei ihre Leuchtkraft hundertfach zunehmen würde. Dann dürfte
sie zu einem kleinen, dichten Weißen Zwergstern zusammenbrechen. Damit ist auch die Lebensdauer der Erde begrenzt. Wenn die
Sonne sich in einen Roten Riesen verwandelt, werden alle inneren Planeten mit Sicherheit zugrunde gehen.
Sonnenforschung
Die Sonne ist nicht nur das für alles Leben auf der Erde unentbehrliche Zentralgestirn unseres Planetensystems, sondern auch
der einzige Stern, der wegen seiner Nähe gründlich erforscht werden kann. Deshalb ist die Sonne für die Astrophysik und Physik
des interplanetaren Raumes bis hin zur Geophysik hochinteressant. Zu ihrer Erforschung mit konventionellen optischen Mitteln
ist in neuerer Zeit besonders die Radioastronomie und die durch Satelliten außerhalb der Erdatmosphäre ermöglichte Beobachtung
von extremer Ultraviolett-, Röntgen- und Gammastrahlung hinzugetreten. Außerdem bildet die Sonne eine Quelle von Teilchenströmen
unterschiedlicher Energie, die auch Magnetfelder in den Raum hinaustragen. Eine genaue Grenze der äußeren Sonnenatmosphäre,
die als Korona bei Finsternissen ein faszinierendes Schauspiel bietet, läßt sich überhaupt nicht angeben. Man könnte sogar
behaupten, daß die Erde sich noch innerhalb der Ausläufer physischer Sonnenaktivität bewegt.
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Sonnenfinsternis
Die Skylab-Unternehmungen in den Jahren 1973 und 1974 haben unser Wissen von der Sonne erheblich vermehrt, da sie ausgedehnte
Beobachtungen von Eigentümlichkeiten möglich machten, die von der Erdoberfläche aus nicht wahrnehmbar sind.
Obwohl der Mond viel kleiner als die Sonne ist, erscheint er uns doch fast genauso groß wegen seiner viel geringeren Entfernung
von der Erde. Durch diesen günstigen Umstand kann der Mond die helle Photosphäre der Sonne vollständig verdecken, während
Chromosphäre und Korona ungehindert sichtbar bleiben [l B]. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist allerdings, daß der Mond
genau in die Blickrichtung des Beobachters zur Sonne tritt, was nur gelegentlich und immer nur kurzzeitig für denjenigen Punkt
auf der Erdoberfläche eintritt, der gerade vom Kernschatten des Mondes berührt wird [l A], Die Strecke der totalen Verfinsterung
(Totalitätszone) kann nie breiter als 269 km sein, und das Ereignis kann nirgends auch nur 8 Minuten lang andauern. Wegen der
bis zum Einsatz astronautischer Mittel einzigartigen Beobachtungsmöglichkeiten, die eine totale Sonnenfinsternis bietet, wurden
immer wieder aufwendige Expeditionen in Gegenden entsandt, wo ein solches Ereignis zu erwarten war. Freilich hat oft das Wetter
alle Mühen vereitelt. Inzwischen pflegt man auch Flugzeuge für Finsternisbeobachtungen einzusetzen, die mit dem Kernschatten
praktisch Schritt halten und die Dauer der Totalität leicht verzehnfachen können.
Arten der Sonnenfinsternis
Da die Bahn des Mondes nicht genau kreisförmig ist, ändert sich seine scheinbare Größe. In größter Entfernung von der Erde,
dem Apogäum, erscheint er um 1/10 kleiner als im Perigäum, dem der Erde nächsten Punkt seiner Bahn. Auch der scheinbare
Durchmesser der Sonne schwankt. Entsprechend der sich im Jahresrhythmus ändernden Distanz zwischen Sonne und Erde ist er im
Dezember am größten, im Juni am kleinsten. Wenn der Mond kleiner erscheint als die Sonne, kann er sie nicht total verdecken.
So kommt es zu einer ringförmigen Sonnenfinsternis: Um die schwarze Mondscheibe herum ist ein heller Ring aus Photosphärenlicht
zu sehen [l D], Ringförmige wie auch partielle Finsternisse [l C], bei denen nur ein Teil der Sonnenscheibe verfinstert wird,
sind wissenschaftlich wenig interessant, weil die Umgebung der Sonne dabei nicht zu sehen ist. über Finsternisse wurde schon
im frühen Altertum berichtet - in China bereits 2136 v. Chr. Wegen der Neigung der Mondbahn zur Erdbahn gibt es nicht bei
jedem Neumond eine Sonnenfinsternis [l E]. Aber alle 18 Jahre und 10,3 bzw. (im Fall von 5 dazwischenliegenden Schaltjahren)
11,3 Tage gelangen Sonne, Erde und Mond wieder in fast die gleiche Stellung zueinander, so daß daher ganze Finsternisfamilien
entstehen. Diese schon im Altertum bekannte Periode wird »Saros« genannt. In der Zwischenzeit ereignen sich noch
andere Finsternisse, die anderen Saroszyklen zuzuordnen sind. Seit ungefähr 600 v. Chr. gibt es ziemlich vollständige
Finsternislisten.
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Beobachtungen der Sonnenkorona
Bei einer totalen Sonnenfinsternis bietet die Korona einen herrlichen Anblick [5, 6]. Ihre Gestalt ändert sich entsprechend
der Sonnenaktivität: Um die Zeit des Fleckenminimums ist die Korona nahezu symmetrisch, beim Maximum bildet sie lange
Strahlengebilde aus. Während der Totalität sind Planeten und hellere Sterne am Himmel zu sehen, öfters hat man bei dieser
Gelegenheit auch schon einen Kometen dicht bei der Sonne entdeckt.
5 Aus Flugzeugen werden immer mehr Finsternisaufnahmen gemacht, da man über den Wolken dem Kernschatten folgen kann. Hier die Chromosphäre und die innere Korona auf einer solchen Farbaufnahme.
6 Die äußere Korona wurde auf diesem Bild 1961 mit langer Belichtungszeit aufgenommen. Das innere Gebiet ist überbelichtet. Man beachte die weitreichenden Koronastrahlen.
Obwohl es mit spektroskopischen Mitteln gelungen ist, die Chromosphäre und Protuberanzen auch außerhalb von Finsternissen
zu beobachten, stellte die Korona lange ein fast unüberwindliches Problem dar, weil sie millionenfach lichtschwächer ist
als die Photosphäre. Erst der Franzose Bernard Lyot (1897 bis 1952) vermochte durch einen von ihm erfundenen »Koronographen«
das Streulicht des Tageshimmels hinreichend auszuschalten, so daß auf hohen Bergen fortlaufende Koronabeobachtungen möglich
wurden. Ein solches Gerät ist in Deutschland auf dem Wendelstein seit Jahrzehnten in Betrieb. Allerdings sind diesen
Beobachtungen im wesentlichen nur einzelne helle Linien der inneren Korona, neuerdings auch ihr Magnetfeld, zugänglich - die
äußere Korona ist nach wie vor nur bei einer totalen Finsternis zu studieren.
Noch schwieriger sind Beobachtungen jener Spektralbereiche der Sonnenstrahlung, die gar nicht erst bis zur Erde heruntergelangen,
weil sie schon in großer Höhe von der Atmosphäre absorbiert werden. Erst mit Hilfe künstlicher Erdsatelliten, vor allem der
bemannten Skylab-Station der Amerikaner, ist es gelungen, sämtliche Bereiche des elektromagnetischen Spektrums zu erfassen bis
hin zu Röntgen- und Gammastrahlen. Besonders günstig war, daß dabei die verschiedensten Äußerungen der
Sonnenaktivität gleichzeitig und allseitig - von der Sonnenscheibe bis zur äußeren Korona -untersucht werden konnten.
Zweifellos werden auch in Zukunft Finsternisexpeditionen stattfinden, aber größere Fortschritte sind durch extraterrestrische
Beobachtungen von Sonnenfinsternissen zu erwarten. Bereits bei dem gemeinsamen amerikanisch - sowjetischen Raumfahrtunternehmen
Apollo-Sojus wurde nach dem Abkoppeln durch den Körper des einen Raumschiffs eine künstliche Sonnenfinsternis hervorgerufen.
Nicht ohne Grund sieht das wissenschaftliche Programm für das ab 1980 verfügbare Spacelab die umfangreiche Erforschung der Sonne vor.
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