Der Planet Mars
Mars, der erste Planet im Sonnensystem außerhalb der Erdbahn, ist für die Menschen besonders interessant. Noch zu Anfang dieses
Jahrhunderts hielten viele Astronomen die Existenz einer fortgeschrittenen Zivilisation auf dem Mars für denkbar. Diese Spekulation
ist widerlegt: Es gibt keine Marsbewohner, und der Planet würde wohl nur sehr primitive Formen organischen Lebens beherbergen können.
Wahrscheinlich ist er aber steril. Dennoch ist der Mars unserer Erde ähnlicher als jeder uns sonst bekannte Himmelskörper und wird
sicher das erste Ziel für eine bemannte Expedition sein, nachdem der Mond bereits erreicht worden ist.
Im Fernrohr zeigt der Mars eine rötliche Scheibe mit weißen Polkappen und dunklen Markierungen, die im wesentlichen bestandig sind. Seine mittlere Entfernung von der Sonne beträgt 228 Millionen km. Das Marsjahr dauert 687 Erdentage, ein Marstag 24 Std. 37 Min. Die Neigung der Rotationsachse ist nur etwas größer als bei der Erde, so daß die Jahreszeiten den unseren ähnlich, nur viel länger sind. Wie bei der Erde ist auch der Südpol im Perihel (größte Sonnennähe in der Bahn) der Sonne zugewandt. Wegen der größeren Exzentrizität der Marsbahn wirkt sich dieser Effekt aber für das Klima stärker aus als bei der Erde. In Verbindung mit der längeren Dauer der Jahreszeiten sind deshalb auf dem Mars die Südsommer im Verhältnis noch kürzer und heißer und die Südwinter noch länger und kälter gegenüber der Nordhemisphäre, wo ein ausgeglicheneres Klima herrscht. Am äquator kann die Temperatur im Mittsommer auf über 16° C steigen. Die Nächte sind bitterkalt, weil die dünne Atmosphäre kaum Wärme speichern kann. Trotzdem ist der Mars keine Welt beständigen Frostes.
Die Atmosphäre des Mars
Der Mars hat nicht nur eine geringere Dichte als die Erde, sondern ist mit einem Durchmesser von 6790 km auch viel kleiner. Daher beträgt
die Entweichgeschwindigkeit auf seiner Oberfläche, mit der ein Körper sein Schwerefeld verlassen könnte, nur 5,0 km/Sek. Folglich ist die
Atmosphäre sehr dünn. Wie wir jetzt wissen, besteht sie hauptsächlich aus Kohlendioxid (95 Prozent). Der Luftdruck am Boden liegt unter 10
Millibar. Darum kann es dort keine höheren Lebewesen von der uns auf der Erde vertrauten Art geben.
Es gibt heute kein freies Wasser auf der Marsoberfläche. Die Polkappen scheinen aber hauptsächlich aus Wassereis mit etwas festem Kohlendioxid
(Trockeneis) zu bestehen. Die Größe der Kappen schwankt mit der Jahreszeit. Zur Zeit ihrer größten Ausdehnung sind sie auch in kleinen Fernrohren
zu sehen.

Frühere Marskarten
Als erster Astronom zeichnete der Holländer Christiaan Huygens (1629-95) im Jahr 1659 Oberflächengebilde des Mars auf [lA]. Man erkennt auf
seiner Zeichnung das V-förmige, jetzt als Syrtis Major Planitia bekannte Gebiet. Spätere Beobachter haben mit Hilfe stärkerer Fernrohre mehr
Einzelheiten dargestellt. Die ersten einigermaßen zuverlässigen Karten stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Giovanni V. Schiaparelli (1835-1910) leitete 1877 die moderne teleskopische Marsforschung ein, als der Planet wegen Zusammentreffens von Perihel
und Opposition besonders günstig zu beobachten war.
In Mailand fertigte Schiaparelli eine Marskarte an, die allen früheren überlegen war [1C]. Darauf fanden sich geradlinige, künstlich aussehende
Gebilde, die er »canali« nannte - ein Wort, das wie das englische »channel« nicht unbedingt wasserführende Kanäle bezeichnet, aber in diesem
Sinn mißverstanden wurde. Fast zwangsläufig wurden die »Marskanäle« als ein riesiges Bewässerungssystem gedeutet, angelegt von technisch
hochentwickelten Bewohnern, um Wasser von den eisbedeckten Polkappen in die trockenen äquatornahen Gebiete zu leiten. Wo die Kanäle sich schnitten,
sah man kleine Flecken, die als »Oasen« mit dichter Bevölkerung aufgefaßt wurden. Während Schiaparelli selbst recht nüchtern urteilte, glaubte der
Amerikaner Percival Lowel (1855-1916) leidenschaftlich an eine hochstehende Zivilisation auf dem Mars und schuf zu ihrer Erforschung eigens eine
Sternwarte in Flagstaff, Arizona.
Die Oberfläche des Mars
Nachdem klargeworden war, daß die dunklen Flecke auf der Marsoberfläche keine Wasserflächen sein können, hielt man sie durchweg für tiefgelegene
Gebiete mit Pflanzenwuchs. Diese Meinung bestand bis 1965, als Mariner 4, die erste erfolgreiche amerikanische Marssonde, gestartet wurde. Inzwischen
hat sich herausgestellt, daß die dunklen Gebiete keine Vertiefungen sind. Manche von ihnen, einschließlich der Großen Syrte (Syrtis Major), sind
Hochebenen, die nach allen Seiten hin abfallen. Offenbar beruht ihre Färbung auf irgendeinem Unterschied in der Oberflächengestalt und hat nichts
mit Pflanzenwuchs zu tun.
Die Marsoberfläche ist größtenteils rötlich ockerfarben. Diese Gebiete heißen allgemein -und wohl zutreffend - Wüsten. Sandstürme sind häufig, und
in der Atmosphäre des Mars gibt es heftige Winde [6].
»Kanäle« kommen zwar nicht vor, aber die Viking-Sonden haben deutliche Hinweise dafür geliefert, daß früher einmal auf dem Mars Wasser in Mengen
geflossen sein muß. Im Chryse-Gebiet winden und verzweigen sich klar eingeschnittene Rinnen wie ausgetrocknete Flußbetten, und »Inseln« aus altem
Gestein, die vermutlich durch das strömende Wasser geformt wurden, haben stromabwärts gerichtete Ausläufer.
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